Nach dem Spatenstich ist das Richtfest ein wichtiger Meilenstein im Leben eines Bauherren. Denn wenn der Rohbau steht und das Dach darauf ist, wird richtig gefeiert. In der Regel wird vom Zimmermeister (am höchsten Punkt des neuen Hauses) der Richtspruch als Dank an alle Beteiligten gerichtet und dabei um Gottes Segen für das Gebäude gebeten. Der Redner, meist der Zimmermeister oder der Polier, erhält ein Glas Wein, das er am Ende der Rede vom Dach wirft. Ein zerbrochenes Glas bedeutet dabei Glück und Segen für den Hauseigentümer. Ein heiles Glas bedeutet allerdings Schmach für den Redner.
Der Bauherr bedankt sich meist mit rührenden Worten für den tollen Einsatz der Handwerker. Der mit bunten Bändern verzierte Richtkranz wurde bereits zu Beginn des Richtfestes von den Zimmerleuten auf dem höchsten Punkt des Dachstuhls platziert. Er gilt als Symbol des stolzen Bauherrn. Das Richtfest gehört zu den wichtigsten Teamevents während des Hausbaus, es muss daher während der regulären Arbeitszeit auf der Baustelle stattfinden.
Was ist ein Richtfest?
Das Richtfest ist ein Brauch mit festgelegten Regeln. Es findet statt, wenn der Rohbau eines Hauses fertiggestellt und der Dachstuhl erstellt ist. Die „Dachgleiche“, wie das Richtfest in Österreich genannt wird, wird auf der Baustelle und während der Arbeitszeit gefeiert. Richtfest Bräuche gehen bis ins 14. Jahrhundert zurück. Vielerorts ist es üblich, neben allen beteiligten Handwerkern auch alle anderen einzuladen, die während des Rohbaus mitgeholfen haben.
Historische Bräuche
Nach der Rede des Zimmermanns oder Poliers wird vom Bauherrn der letzte sehr lange Nagel mit einem ungeeigneten Hammer ins Gebälk eingeschlagen. Ist der Nagel krumm, können die Arbeiter eine zusätzliche Runde Bier oder Schnaps einfordern. Das sorgt zudem für die Belustigung der Gäste. Nicht selten erscheinen die Zimmerleute zu diesem feierlichen Anlass in ihrem handwerklichen Festgewand. Beim Zimmerklatsch (Gerüstbauerlied) klatschen sich zwei Gesellen ähnlich wie beim Schuhplattler auf traditionelle Art und Weise ab. Im Mittelalter galt die Arbeit mit dem Richtfest als abgeschlossen. Die Feier war auch ein Zeichen dafür, dass jede offene Rechnung beglichen und das Haus damit beim Einzug schuldenfrei war.
Wenn früher Menschen in ein neues Haus einzogen oder die Wohnung wechselten, wurde der Haussegen erteilt. Bei einer Hauseinweihung wurden die Wohnräume durch den Pfarrer gesegnet und unter den Schutz von Jesus Christus gestellt. Heutzutage feiern viele Menschen ein Fest, um zu zeigen, dass der Umzug in ein neues Heim erfolgreich über die Bühne gegangen ist.
So wird das Richtfest zum Erfolg
Mit diesen Tipps veranstalten Sie ein unvergessliches Richtfest:
- Es ist wichtig, frühzeitig mit der Planung zu beginnen und sich dabei mit der Baufirma und auch mit den Handwerkern abzusprechen. Zwei bis drei Wochen, bevor der Dachstuhl fertig ist, sollte der Wochentag für die Dachgleiche feststehen.
- Die Feier findet während der Arbeitszeit statt. Weil alle Arbeiten am Bau pausieren, muss der Zeitplan mit dem Polier abgesprochen werden.
- Obwohl die finanzielle Belastung für einen Bauherrn ohnehin recht hoch ist, sollte sich das beim Richtfest nicht bemerkbar machen. An Kosten für Speis und Trank sollte beim Richtschmaus nicht gespart werden. Denn neben der guten Laune gehören auch genügend Getränke und bodenständiges, gutes Essen wie Gulaschsuppe, Würste, Steaks, Kartoffelsalat und Mettbrötchen zum Richtfest. Anzumerken gilt es, dass die Ausgaben als Baunebenkosten steuerlich abgesetzt werden können.
- Die Getränkeauswahl ist einfach: Bier und Wein, eventuell einen Schnaps und alkoholfreie Getränke wie Mineralwasser und Limonade.
- Die wichtigsten Gäste sind neben der Familie die Handwerker, angefangen vom Meister bis zum Lehrling. Außerdem ist das Richtfest eine gute Gelegenheit die Nachbarn, (im Umkreis von drei, vier Häusern) in entspannter Atmosphäre kennenzulernen und eventuell Geschenke zu machen.
Richtkranz
Abhängig von der Region wird der Richtkranz entweder vom Bauherren, von Freunden oder von den Nachbarn besorgt. Manchmal binden die Nachbarn die Richtkrone auch selber. Sie besteht aus einem Kranz mit vier Bügeln aus Draht oder Holz. Der Richtkranz wird mit bunten Bändern verziert. Häufig wird er heutzutage käuflich erworben. Er wird zu Beginn der Dachgleiche von einem Zimmermann auf dem höchsten Dachfirst befestigt. Laut traditioneller Richtfest Bräuche ist die Richtkrone ein elementarer Bestandteil eines Richtfestes. Sie gilt sowohl als Symbol des stolzen Bauherren auf die Handwerker als auch als Symbol der stolzen Handwerker auf ihre gute Arbeit. Daher ist ein Richtfest ohne Richtkrone unvorstellbar.
Richtbaum
Früher meinten die Menschen, dass der Richtbaum den neuen Bewohnern Schutz bringt. Sie dachten, dass es im Wald Geister gibt, die es dem Bauherrn übel nehmen, weil man für den Hausbau viele Bäume fällen musste. Der Richtbaum ist ein kleines grünes Bäumchen, das als Symbol des Lebens und der Fruchtbarkeit gilt. Er ist mit der Hoffnung verbunden, dass den Hausbewohnern ein gesundes, glückliches Leben beschert ist. Der Richtbaum wird mit Bändern geschmückt und am Dachfirst angebracht. Im Sommer handelt es sich dabei eventuell um eine junge Birke oder um einen kleinen Tannenbaum. Die Bänder am Richtbaum oder Richtkranz haben einen traditionellen Hintergrund. Denn früher hingen dort statt der bunten Bänder die Tücher der Arbeiter (Heimattücher), in denen sie ihre Habe transportierten.
Richtspruch
Beim Richtspruch handelt es sich um eine Rede. Diese Danksagung wird vom Zimmermeister oder Polier gehalten. Der Richtspruch folgt festen Regeln: allen am Bau Beteiligten wird gedankt. Er soll Glück und Segen bringen und das Haus und seine Bewohner schützen. Der Redner erhält ein Glas Wein; nach dem Anstoßen wirft er das Glas auf den Boden des Hauses. Dabei sollte es zerspringen (Scherben bringen Glück) und dem Bauherrn Glück bringen. Tut es das nicht, bedeutet das Schmach für den Redner. Denn nach einem alten Aberglauben würde der Bau nun unter keinem guten Stern stehen. Heutzutage sorgt dieser Brauch eher für die Unterhaltung der Gäste.
Zimmermannsnagel
Wie bereits kurz berichtet, lassen die Zimmerleute den Bauherrn meist den letzten Nagel in die Balken schlagen. Dabei handelt es sich häufig um einen langen krummen Nagel, der mit einem ungeeigneten Hammer eingeschlagen werden muss. Die Zimmerleute sprechen dabei einen Segensspruch, der den Bauherrn und das Haus vor Schäden schützen soll. Mit jedem Hammerschlag oder falls der Nagel krumm geschlagen wird, können die Handwerker eine Runde Schnaps oder Bier einfordern.
Richtschmaus
Der Richtschmaus, ein geselliges Beisammensein mit traditioneller Verkostung, findet auf der Baustelle statt. Die Bauherrn müssen kein 5-Gänge-Menü auffahren. Kesselgulasch, Würste vom Grill und Steaks sowie Kartoffelsalat und belegte Brötchen kommen gut an. Genügend Bier und Wein sowie Schnaps, Mineralwasser und Limonaden gehören ebenfalls zu einem Richtfestschmaus. Der Bauherr muss natürlich schon im Vorfeld für genügend Sitzgelegenheiten sorgen. Bierzeltgarnituren sind ideal, denn sie lassen sich in der Regel preiswert ausleihen.
Kann man das Richtfest ausfallen lassen?
Das Richtfest ist ein alter Brauch, der bis ins Mittelalter zurückgeht. Da Zimmerleute sehr traditionsbewusst sind, ist es keine gute Idee, das Richtfest ausfallen zu lassen. Will sich ein Bauherr die Kosten für die Dachgleiche sparen, kann es vorkommen, dass man ihm eine besondere Richtkrone „spendiert“. Dabei handelt es sich eventuell um einen alten Besen mit wenig Borsten, an dem ein toter Hering, als Zeichen für den Geiz des Bauherrn hängt.